FREUDIGE ERWARTUNG – Über Modalpartikel und wie man sie vermeidet (6)

Eine Einführung zum Abgewöhnen
Teil 6: Lösungsansätze

Ich habe in den vergangenen Beiträgen versucht, die Herkunft und die Folgen einer übermäßigen Verwendung von Modalpartikeln zu schildern. Zuletzt auch die Gefahr, die darin liegt, wenn ohnehin komplizierte Zusammenhänge auch noch indifferent und schwammig vermittelt werden.
Auch wenn Sie als Dozent, als Dozentin oder Gesprächspartner zunächst vielleicht nett rüberkommen und niemandem weh tun – auf die Dauer wird die Einschätzung Ihrer Kompetenz sinken, wenn Sie Ihre Aussagen mit Abtönungskaskaden verschleiern.
Ich hatte auch schon darauf hingewiesen, dass meistens Zaghaftigkeit und zum Teil sogar Angst die Ursachen solcher unklaren Formulierungen sind. Das bedeutet, in einem ersten Schritt muss jeder sich zunächst bewusst werden, woher diese Gefühle rühren. Ob es die bereits erwähnte Angst vor den drohenden Fettnäpfchen bzw. dem folgenden Shitstorm ist, oder die vor dem Auftritt an sich – also schlicht das Lampenfieber.
Auf diese Situation kann auch dann reagiert werden, wenn sich die vermeintlichen Verteidigungslinien verselbstständigt haben und schon aus Gewohnheit keine eindeutigen Aussagen mehr möglich sind.

Auch wenn im Training dann unterschiedliche Ansätze und individuelle Strategien gefunden werden müssen: der Grundansatz für einen sicheren Auftritt liegt meines Erachtens in dem, was ich den „parallelen Dialog“ mit dem Publikum nenne.

Ein verbreiteter Fehler bei einer Präsentation oder einem Vortrag liegt in der eigenen Rollenprägung der auftretenden Person. Die ängstliche Person geht nämlich davon aus, sie selbst sei ein Problem.
Das ist falsch.
Denn daraus folgt eine Fokussierung auf das eigene Verhalten. Der ängstliche Mensch kapselt sich ohnehin schon ab, und wer sich von einem missgünstigen Publikum beobachtet wähnt und sich dann noch selbst in den Mittelpunkt der eigenen Beobachtung stellt, wird nicht mehr souverän auftreten können.

Ihr Fokus als Vortragende oder Präsentierender muss eindeutig auf Ihrem Publikum liegen.

Ich setze voraus, dass Sie als Auftretender, als Vortragende Ihre Hausaufgaben gemacht haben. Dass Sie fachlich im Thema sind und etwas zu sagen – oder im Falle eine Interviews zu fragen – haben. Wir reden also nicht über Inhalte, sondern ausschließlich über deren Darstellung bzw. Vermittlung. Die Situation ist dann folgende: Sie wissen etwas, das Ihr Publikum in der Regel nicht weiß. Und mehr noch: Sie wissen etwas, das Ihr Publikum erfahren will. Das ist sehr gut.

Es besteht eine Erwartungshaltung!

Sie befinden sich damit in einer höchst komfortablen Situation. Und die sollten Sie ausnutzen. Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass diese Erwartungshaltung Sie als Vortragende unter Druck setzt. Das Gegenteil ist der Fall: Solange Sie die Situation nicht überreizen, dient sie Ihnen als ein bequemes Tableau zur Dosierung der Weitergabe Ihrer Informationen.
Und diese „Dosierung“ kann allein schon ein machtvolles Mittel sein, das Sie als Vortragender oder Vortragende in der Hand haben. Das ist Ihre Dramaturgie.

Im nächsten Beitrag beschreibe ich wunderbare Möglichkeiten, ohne Abtönungskaskaden vorsichtig zu sein und Pausen als Gedankenbrücken zu nutzen.

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